Instanz:
Verwaltungsgericht
Abteilung:
Verwaltungsrechtliche Abteilung
Rechtsgebiet:
Öffentliches Beschaffungswesen
Entscheiddatum:
13.08.2002
Fallnummer:
V 01 274
LGVE:
2002 II Nr. 9
Leitsatz:
§§ 30 Abs. 1 lit. a und 35 Abs. 1 lit. c öBG; § 71 VRG. Mündliche Referenzauskünfte sind im Submissionsverfahren zugelassen. Die eingeholten Auskünfte müssen aber zuhanden der Vergabestelle bezüglich der zuschlagsrelevanten Punkte vollständig, sachlich richtig und unmissverständlich festgehalten bzw. wiedergegeben werden, was eine entsprechend sorgfältig abgefasste schriftliche Aktennotiz erfordert.
Rechtskraft:
Diese Entscheidung ist rechtskräftig.
Entscheid:
Aus den Erwägungen:
5. - Die Beschwerdeführerin bemängelt das Vorgehen der Beschwerdegegnerin im Zusammenhang mit der Bewertung des Kriteriums Referenzen. In den Ausschreibungsunterlagen sollten die Offerenten drei adäquate Referenzobjekte auflisten. Neben Angaben betreffend Bauherr, Arbeitsleistungen, Bausumme und Ausführungsjahr musste noch je eine Kontaktperson aufgeführt werden. Gemäss Stellungnahme der Beschwerdegegnerin telefonierte ein Mitarbeiter des mit der Projektierung und Bauleitung beauftragten Büros mit den angegebenen Kontaktpersonen. Der Inhalt dieser Telefongespräche wurde vom Sachbearbeiter schriftlich zusammengefasst.
a) Diesbezüglich bringt die Beschwerdeführerin vor, zur richtigen und vollständigen Feststellung des rechtserheblichen Sachverhaltes wäre es unabdingbar gewesen, die einzelnen Erhebungen auf der Grundlage eines einheitlichen Fragebogens zu machen, welcher in der Folge von den Kontaktpersonen hätte unterzeichnet werden müssen.
Die öffentlichrechtliche Vergabestelle ist wie jede andere Verwaltungsbehörde verpflichtet, den rechtserheblichen Sachverhalt richtig und vollständig festzustellen. Dies ergibt sich schon aus § 30 Abs. 1 lit. a öBG, wonach die unrichtige oder unvollständige Sachverhaltsfeststellung einen Beschwerdegrund darstellt. Mit anderen Worten gilt auch im erstinstanzlichen Submissionsverfahren als nichtstreitigem Verwaltungsverfahren der Untersuchungsgrundsatz. Dieser Grundsatz gebietet der Behörde, nach der wirklichen Sachlage zu suchen; sie darf sich nur auf Sachumstände stützen, von deren Vorhandensein sie sich überzeugt hat (Kölz/Bosshart/Röhl, Kommentar zum Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich, 2. Aufl., Zürich 1999, § 7 N 4). Allerdings ist zu beachten, dass es sich beim Beschaffungsverfahren naturgemäss um ein einfaches und rasches Verfahren handeln muss, so dass an die Sachverhaltsabklärungen keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden dürfen.
Referenzen können etwa Klarheit über die Qualität der Arbeitsausführung, die Terminwahrung sowie über das Geschäftsgebaren eines Anbieters schaffen und dienen somit der Sachverhaltsermittlung. Referenzgeber sind in diesem Sinne Auskunftspersonen. Gemäss dem im Bund geltenden Verfahrensrecht sind Auskünfte/Amtsberichte schriftlich einzuholen (Art. 12
SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz VwVG Art. 12 - Die Behörde stellt den Sachverhalt von Amtes wegen fest und bedient sich nötigenfalls folgender Beweismittel: |
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a | Urkunden; |
b | Auskünfte der Parteien; |
c | Auskünfte oder Zeugnis von Drittpersonen; |
d | Augenschein; |
e | Gutachten von Sachverständigen. |
SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz VwVG Art. 19 - Auf das Beweisverfahren finden ergänzend die Artikel 37, 39-41 und 43-61 BZP50 sinngemäss Anwendung; an die Stelle der Straffolgen, die die BZP gegen säumige Parteien oder Dritte vorsieht, tritt die Straffolge nach Artikel 60 dieses Gesetzes. |
SR 273 Bundesgesetz vom 4. Dezember 1947 über den Bundeszivilprozess BZP Art. 49 - Der Richter kann von Amtsstellen und ausnahmsweise auch von Privatpersonen schriftliche Auskunft einziehen. Er befindet nach freiem Ermessen, ob sie zum Beweise tauglich ist oder der Bekräftigung durch gerichtliches Zeugnis bedarf. |
b) (...)
c) (...)
6. - Abklärungen im Zusammenhang mit Referenzen werden in aller Regel nicht von der Vergabebehörde als demjenigen Gremium, das verbindlich über den Zuschlag entscheidet, sondern (delegationsweise) von einem einzelnen Behördemitglied oder vielfach - wie auch im vorliegenden Fall - von einer mit der Durchführung der Submission beauftragten Hilfsperson vorgenommen. Deshalb ist eine sorgfältige aktenmässige Erfassung der eingeholten Referenzauskünfte geboten, damit die entscheidende Behörde über zuverlässige Beurteilungsgrundlagen verfügt. Generell verlangt der Grundsatz eines transparenten und fairen, niemanden diskriminierenden Submissionsverfahrens, dass die Vergabestelle nur auf ernsthafte und sachliche Auskünfte Dritter abstellt, an deren Richtigkeit sie keine Zweifel hat. Entscheidend ist, dass die mündlich eingeholten Auskünfte zuhanden der Vergabestelle bezüglich der zuschlagsrelevanten Punkte vollständig, sachlich richtig und unmissverständlich festgehalten bzw. wiedergegeben werden, was eine entsprechend sorgfältig abgefasste schriftliche Aktennotiz erfordert (AGVE 2000 S. 290 ff.). Der Entscheid der Vergabebehörde muss aufgrund von Fakten getroffen werden. Werturteile sind nur insoweit beachtlich, als sie mit Fakten untermauert werden.
Damit die Bewertung durch die Vergabebehörde transparent und nachvollziehbar erscheint, sollten solche Aktennotizen gewisse Mindestanforderungen erfüllen. So muss aus den Notizen klar hervorgehen, wer die Auskunft auf welche Weise (telefonisch usw.) eingeholt hat, wer die Auskunft erteilt hat und wann sie eingeholt worden ist. Ebenso muss die Funktion des Befragers (im Vergabeverfahren) sowie der Auskunftsperson aus den Notizen ersichtlich sein. Im hier vorliegenden Fall wurden die Unterkriterien beim Zuschlagskriterium Referenzen bereits in den Ausschreibungsunterlagen erwähnt, was nicht immer der Fall ist. In jedem Fall müssen die besprochenen Themenbereiche sowie die wesentlichen Aussagen dazu in den Aktennotizen festgehalten werden (AGVE 2000 S. 293). Es versteht sich von selbst, dass wie im vorliegenden Fall sämtliche Referenzpersonen zu den gleichen Themen befragt werden. Teilt die Auskunftsperson Ungefragtes mit, muss dies für die Vergabebehörde erkennbar so protokolliert werden. Die Aktennotizen müssen schlussendlich vom Befrager datiert und unterschrieben werden.